So mancher Geisteswissenschaftler oder alle, die für einen Quereinstieg egal in welchem Alter motiviert sind, hat genau davon geträumt: einfach mal aufgrund bestimmter Fähigkeiten und Kenntnisse eingestellt zu werden und nicht, weil sein oder ihr Lebenslauf die entsprechende (Berufs-)Erfahrung oder das notwendige Diplom ausweist. Beispiele dafür gibt es aus der (freien) Wirtschaft genügend – ich gehöre selbst dazu.

In Frankreich gibt es das Job Portal der APEC. Das ist eine private Vereinigung, welche aus Unternehmensbeiträgen seiner Mitglieder – und das sind automatisch alle Firmen, die so genannte “Cadres”, also Führungskräfte, angestellt haben – finanziert wird (die “Cadres” zahlen übrigens auch Beiträge). Die APEC hat im Jahre 2010 eine Aktion gestartet, die sich “Rekrutieren ohne Lebenslauf” nennt. Geht im Prinzip ganz einfach: Die Kandidaten müssen anstelle einer klassischen Bewerbung (Anschreiben und Lebenslauf) die Antworten auf 25-30 spezifische Fragen, die mit der zu besetzenden Stelle verknüpft sind, einsenden. Zum Bewerbungsgespräch werden diejenigen eingeladen, die sich durch ihr Können bei der Beantwortung der Fragen hervorgehoben haben. Die Ergebnisse sind bisher vielversprechend.

Nun berichtet mein Straßburger Bloggerkollege Jean-Christophe Anna von einem neuen Online Recruiting Projekt namens UponJob, das genau dieses Modell aufgreift, aber eben nicht kostenfrei ist. Die Plattform bietet den inserierenden Unternehmen an, ein kostenfreies Firmenprofil zu erstellen (immerhin!), eine Facebook Like-Box einzubauen (Fans, Fans!) und den ersten, so genannnten “Challenge” (absolut un-französisch…) gratis zu starten. Diese “Challenges” bestehen aus 5 konkreten Fragen zu dem gewünschten Kandidaten- und Anforderungsprofil. Der Rest verläuft dann wie bei der APEC oben beschrieben.

Sieht für mich nach Geldmacherei und Ideenklau aus. Zwar wurde das Ganze um die Funktionalität Firmenprofil mit Facebook-Profil-Verlinkung aufgehübscht, aber dennoch sollten Unternehmen es erst einmal über die APEC versuchen. Bei UponJob wird wieder nur ein weiteres Firmenprofil ins Netz gestellt, das der aktiven Pflege bedarf. Die Idee mit konkreten Projektfragen im Bewerbungsprozess finde ich an sich gut, wobei es heutzutage viele Unternehmen gibt, die solche Tests entweder vor oder während Bewerbungsgesprächen ansetzen (sowas ist mir in meiner Karriere auch schon zwei Mal über den Weg gelaufen). Allerdings habe ich bei sowas immer ein wenig Bedenken, dass hier frühzeitig Wissen abgegriffen wird – mit den gesammelten Antworten aller Kandidaten lässt sich ja ein Projekt schon beinahe von alleine stemmen….

Würde ein solches Modell wie von der französischen APEC oder dem Portal UponJob auch in deutsch-sprachigen Gefilden funktionieren? Oder sind der Lebenslauf und erworbene Qualifikationen in unseren Breiten wichtiger als alles Andere? Recruiter vor, ich freue mich auf Ihre Kommentare!

Bitte machen Sie in dem Moment ebenfalls bei meiner Leserumfrage mit: denn Online-Recruiting.net möchte sich verbessern und braucht Ihre Meinung! Vielen Dank!

P.S.: Fiel mir gerade noch auf – die Gründer von UponJob beschrieben, dass sie die Idee für ihr Portal aufgrund eines Entwickler-Challenges von Instagram geboren haben. Das war vor 8 Monaten – was in der Zwischenzeit mit Instagram geschehen ist, ist weithin bekannt. Das nur am Rande… 😉